05.11.2016
7. November 201614.11.2016
14. November 201612.11.2016
Seit ich wieder zurück an Land bin, beschäftigen mich die vier Menschen, die sich finanziell nicht am Experiment beteiligt haben.
Einerseits ist in mir so etwas wie eine unwillige Bewunderung für sie. Eine Woche mit mir leben und sich von mir bekochen und herumsegeln lassen. Dann ein freundliches Danke und einfach seiner Wege ziehen. Die haben echt gut für sich selbst gesorgt. Respekt.
Daneben ist in mir eine enttäuschte Erwartung. Ich hatte nur mit einem Menschen gerechnet. Dass gleich 10 % der Teilnehmer diese Option wählen, hat mich dann doch überrascht. Mir war schon klar, dass einige diese Freiheit den Wert selbst zu bestimmen, so nutzen würden, dass vor allem sie selbst dabei gut abschneiden. Dass es nach einer intensiven gemeinsamen Woche für sie vollkommen OK ist, das ich dabei komplett leer ausgehe, macht mich trotzdem traurig und wütend.
Und ich kann es nicht ändern. Es war ihre Entscheidung, so mit der von mir geschenkten Freiheit umzugehen. Es steht mir auch kein Urteil darüber zu. Ich wollte dieses Experiment. Ich kenne nicht ihre Beweggründe und scheue mich davor, sie direkt danach zu fragen. Geht das überhaupt mit dieser Trauer und Wut im Bauch? Würde nicht hinter jeder Frage nach den Motiven, versteckt ein Vorwurf lauern?
Vielleicht war sogar in meiner Bitte um Mitthilfe beim Tragen des Defizits, ein versteckter Vorwurf und eine Erwartung eingewoben? Ja, ich glaube schon, denn ich bin tatsächlich enttäuscht, dass sich bisher keiner dieser Menschen daraufhin doch noch beteiligt hat. Also war da wohl offensichtlich diese Erwartung.
Aber Erwartungen sind dazu da, um enttäuscht zu werden! Das weiß ich ja längst aus vielen schmerzlichen Erfahrungen. Konnte es trotzdem nicht lassen. Meine Bitte war nicht klar und freilassend. So, wie mein ganzes Experiment nicht vollkommen freilassend war. Denn da war immer wieder die Angst, dass ich eben nicht genug für meinen Lebensunterhalt bekomme.
An dieser Stelle will ich mich hier mal ganz öffentlich an die eigene Nase fassen: Seit dem Besuch von Rico Grimm bei mir an Bord lese ich immer wieder gerne die Artikel der Krautreporter. Bisher waren diese frei zugänglich im Netz. Am Ende jedes Textes wurde ich höflich gebeten, ob ich nicht die Arbeit der Krautreporter finanziell mit ermöglichen möchte. Selbst wenn der Artikel richtig gut war (und das sind sie oft…), habe ich mit einem innerlichen Schulterzucken schnell weggeklickt. Frei nach dem Motto: “Ihr seid zwar Brüder im Geiste, aber ich habe selber nicht genug zum Leben…“
Vor einiger Zeit hat die Plattform einen fiesen Trick angewandt: etwa im letzten Drittel eines Artikels, dann, wenn man so richtig eingestiegen war, wurde der Text immer blasser, bis er ganz unleserlich wurde. Mist, das war richtig ärgerlich. Ein Paar mal hätte ich wirklich gerne gewusst, wie denn der Autor seine Gedanken zu Ende gebracht hat. Trotzdem war meine Neugierde nicht groß genug, um den freundlichen Hinweis anzuklicken, der mit einem Augenzwinkern dazu aufgefordert hat, mich schnell als Unterstützer zu registrieren und dann den Artikel fertig zu lesen.
Fast hätte ich die Krautreporter einfach nicht mehr besucht.
Und dann kam wieder so ein Hinweis auf einen spannenden Artikel von Rico Grimm in mein Postfach. Kurz vorher hatte ich meine Kontoauszüge gesichtet. Darauf fand sich die monatliche Unterstützung von Rico für mein Projekt. Als jetzt der verdammte Text wieder an der spannendsten Stelle zu verblassen begann, wurde mir plötzlich voller Scham bewusst, was ich da gerade mache: Ich nehme dankend die Geschenke dieses Menschen an die Welt und an mich ganz persönlich in Form seiner Gedanken an und bin aus verschiedenen Gründen nicht bereit, mich an seiner finanziellen Sicherung zu beteiligen. Gleichzeitig bin ich den Menschen gram, die genau das mit meinen Geschenken gemacht haben.
Autsch, das tat weh. Ganz offensichtlich habe auch ich da noch einen weiten Weg vor mir und überhaupt keinen Grund, Anderen in dieser Frage Vorwürfe zu machen!
2 Comments
Ein erstaunlicher Eintrag!
Wie wäre es denn, wenn mehr Menschen so ihr Tun und Reagieren reflektierten?
Danke
Liebe S.
herzlichen Dank für deinen Kommentar.
Gruß,
Ben