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Rückblick auf die Saison 2020

Herbst 2020.

Liebe Mitmenschen,

was für eine ereignisreiche Segelsaison liegt hinter uns.

Im Frühling sah es dank der drastischen Maßnahmen mit Ausgangssperren und geschlossener Grenzen, noch nach einem wirtschaftlichen Totalausfall mit drohender Insolvenz für mich und mein Projekt aus.

Wochenlang war die Welt im Pausenmodus. Angst schien der alleinige Antrieb zum Handeln zu sein. Alle zogen sich vorübergehend in die private Isolation zurück. Es begann die Zeit des großen Innehaltens und Nachdenkens.

Dann setzte sich eine neue Erkenntnis langsam durch: Wir sind zwar am sichersten, wenn wir allein Zuhause hocken, aber ohne Menschenbegegnungen ist das Leben nicht mehr lebenswert. Plötzlich verschoben sich die Werte drastisch: schrieb noch vor einem Jahr eine große Zeitung über die „Leistungsträger“ der Gesellschaft, und meinte damit vor allem Menschen mit hohem Einkommen, so zeigte sich jetzt, wer die Gesellschaft wirklich am Laufen hält: MüllarbeiterInnen, Kranken – und AltenpflegerInnen, KassiererInnen, PolizistInnen, LandwirtInnen und GärtnerInnen, PaketbotInnen, Menschen in Wasser – und Elektrizitätswerken, KläranlagenmitarbeiterInnen … Ohne euch wären wir als Gesellschaft auseinandergebrochen!

Heute werdet ihr gut bezahlt und genießt große Wertschätzung. Eure Gehälter werden – wie in allen anderen Branchen auch – nicht mehr nach Tarif gezahlt, sondern wir haben bundesweit das Prinzip des Bedarfseinkommens eingeführt. Selbst wer nicht arbeitet, bekommt ein bedingungsloses Grundeinkommen.

Aber auch eine andere Erkenntnis setzte sich durch: Globale just-in-time Lieferketten sind extrem anfällig. Heute produzieren wir unsere Schutzmasken, Kleidung, Schuhe, Werkzeuge, Lebensmittel und Medikamente wieder vermehrt vor Ort. Firmen haben sich Lagerbestände zugelegt. Das Handwerk erlebt eine große Wertschätzung.

Zunächst schien es, als wäre Amazon die Lösung selbst für das beschaffen von Essen und damit nach der Krise der letzte verbleibende Anbieter auf dem “Markt“.

Dann aber entdeckten die Menschen ihre eigenen Fähigkeiten und die ihrer Nachbarn wieder. Da alle plötzlich so unendlich viel Zeit hatten, war schnelle Verfügbarkeit und der günstigste Preis plötzlich nicht mehr das alleinige Kriterium.

Wir erkannten, dass es überlebenswichtig für uns alle ist, dass beide Seiten eines Geschäfts damit gut leben können. „Great deals“ und ihre großmäuligen Vertreter sind out. Niemand glaubt heute mehr ernstlich, dass der „Markt“ irgend etwas regeln kann. Rendite als Motiv für wirtschaftliche Tätigkeit verschwand. Der Finanzsektor schrumpfte auf ein Minimum zusammen und dient jetzt allein der Realwirtschaft. Heute produzieren wir Dinge, weil sie Lebensnotwendig sind. Dinge werden repariert. Dinge werden wieder vor Ort hergestellt.

Wir erkannten aber auch, auf was wir alles wirklich gut verzichten konnten. Die viel gepriesene digitale Revolution löste weniger Probleme als gedacht. Werte wie Solidarität, Empathie und Gemeinsinn erwiesen sich als weit hilfreicher für das zusammenleben, als Alexa, Smarthomes, und co..
So verschwanden fast über Nacht viele Produkte vom Markt, die wir vor der Krise als unverzichtbar erachtet hatten.

Die Menschen verwenden heute ihre Zeit mit mehr bedacht. Wir haben erkannt, wie zerbrechlich das Leben ist und damit wie kostbar jeder Moment.

Niemand ist mehr bereit, sich für Geld seine Lebenszeit abkaufen zu lassen und eine Arbeit zu tun, die ihm selber kein Herzensanliegen ist. Auch sind feste Arbeitszeitregelungen verschwunden: Jeder entscheidet selbst, wie viel er mit Freude beitragen kann. Dadurch merken wir bereits jetzt eine große Zunahme an Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Die Menschen sind gesünder und unser – wieder vergemeinschaftetes – Gesundheitssystem ist deutlich entlastet.

Zudem will sich kaum jemand noch in Rente begeben. Da alle eine erfüllende und wichtige Arbeit machen, verändern sich nur mit zunehmendem Alter die Tätigkeiten. Alle tragen – so sie nicht wirklich erkrankt sind – zum gemeinsamen Leben bei und auch die Alten sind glücklich, weil sie mit ihrer Erfahrung, ihrem Wissen und vor allem ihrer Gelassenheit wichtige Teilnehmer der Gesellschaft sind.

Auch das Bedürfnis nach Urlaub und Erholung – und damit die gesamte Reisebranche – hat sich verändert: Da sich niemand mehr des Geldes wegen in freudlosen Berufen abquält, braucht es keine Erholung und keine Ersatzabenteuer im Urlaub mehr.

Heute verreisen die Menschen um sich weiterzuentwickeln; Um neue Horizonte in sich selbst zu entdecken; Um ihren Blick auf die Welt zu verändern; Um Momente der Stille und Langeweile als Voraussetzung für neue Ideen zu erleben.

Segelreisen erleben wegen ihres hohen Grads an Verlangsamung und den vielfältigen Möglichkeiten für Langeweile und Nichtstun, einen regelrechten Boom. So hat auch mein Projekt nicht nur überlebt, sonder ist ein voller Erfolg geworden. Denn wir haben aus der Krise vor allem gelernt, wie heilsam das wirkliche Nichtstun sein kann.

Und was ist aus dem Virus geworden?

Ja, viele Menschen sind daran gestorben. Trotzdem sinkt seit dem Sommer die Sterblichkeit auf der Erde. Denn durch unsere neue Art des Wirtschaftens und der gesellschaftlichen Solidarität, lassen wir heute nicht mehr wie vor der Krise 24.000 Menschen am Tag verhungern. Das Flüchtlingsdrama hat sich erledigt, da wir gerechten und fairen Handel mit den Ländern des Südens treiben, und wir haben gelernt, Konflikte auch Global so zu lösen, dass am Ende alle Beteiligten im Frieden damit sind.

Als Menschheit feiern wir diesen Wandel in Zukunft gemeinsam mit den weltweiten “Corona-Wochen“ zum Zeitpunkt des ehemaligen Osterfestes. Es sind zwei Wochen des kollektiven Rückzugs.
Die Welt steht still.
Die Menschen besinnen sich darauf, was wirklich wichtig ist in ihrem Leben.
Und ganz nebenbei stoppen wir damit die Ausbreitung des jeweils neuesten Virus …

(Ja, da scheint alles recht unrealistisch. Aber vergesst nicht: was wir denken wird Realität. Darum achtet auf eure Gedanken, denn ihr seid mächtiger, als ihr denkt!)

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